Grußwort

des Vizepräsidenten des Internationalen Sachsenhausen-Komitees am 16.04.2020 an der STATION "Z"

 

Liebe Überlebende des Konzentrationslagers Sachsenhausen,

liebe Freundinnen, liebe Freunde,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

nichts ist in diesem Jahr wie es war, nichts ist in diesem Jahr wie es sein sollte…

 

Eigentlich wollte sich in diesen Tagen, hier an diesem Ort, eine Vielzahl von Überlebenden des Konzentrationslager Sachsenhausens mit ihren Angehörigen und mit uns treffen, um gemeinsam zu gedenken und zu erinnern.

 

Dies ist leider auf Grund der aktuellen weltumfassenden Pandemie nicht möglich. Wir bedauern es sehr und hoffen, dass unserer Freundinnen und Freunde an ihren Wohnorten in vielen Ländern unserer Erde gesund sind und gemeinsam in diesen Stunden, wenn auch nicht körperlich, so doch im Geiste und über das Internet mit uns vereint sind.

 

Fast auf den Tag genau vor 75 Jahren, am 22. April 1945, wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen durch  Angehörige der sowjetischen und der polnischen Armee befreit. Die Soldaten fanden noch etwa 3.000 kranke und gebrechliche Häftlinge vor. Tausende Andere waren am 20. und 21. April 1945 auf den Todesmarsch in Richtung Norden getrieben worden.

 

Wir gedenken heute der Menschen, die hier im Lager Sachsenhausen, seinen über 60 Außenkommandos und Außenlagern und auf dem Todesmarsch, auf Grund ihrer politischen Weltanschauung, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Abstammung, ihrer Lebensauffassung, ihrer sexuellen Orientierung oder Herkunft inhaftiert, gequält, misshandelt und ermordet worden.

 

Mit Betreten des Lagers wurden die Menschen zu Nummern. Die SS wollte ihnen damit ihre Menschenwürde rauben.                                                                                                                                                                                                                                             

 

Die Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar – auch deshalb ist es heute wichtig, den unzähligen Menschen ein Stück ihrer Identität zurückzugeben, damit aus den vielen Nummern wieder Namen, wieder Menschen werden.

 

Wir müssen - unabhängig von Gedenktagen wie diesen - gemeinsam darauf achten, dass die Gedenkstätten, die sich an den authentischen Orten wie Sachsenhausen befinden, auch für die Zukunft erhalten bleiben.

 

Dies sind europäische Gedenkorte. Dies sind europäische Friedhöfe.

 

Sachsenhausen ist nicht nur ein Ort der Trauer, des Gedenkens und der Mahnung -  Sachsenhausen ist inzwischen zu einem wichtigen und aktiven Museum geworden und zu einem Ort des Lernens und der Bildung, der Herzensbildung.

 

Orte wie Sachsenhausen sind für unsere Gesellschaft wichtig, damit wir gemeinsam niemals vergessen, wohin Menschenverachtung, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie führen können.

 

Dieser Ort soll uns immer daran erinnern – Nie wieder!