Erklärung des Internationalen Sachsenhausen Komitees zu den Vorfällen um eine AFD-Gruppe in der Gedenkstätte Sachsenhausen
Dass an einem Ort wie Sachsenhausen, wo die Verbrechen der Nationalsozialisten offen zu Tage liegen, diese Tatsachen verharmlost und bestritten werden, hätten die Überlebenden niemals für möglich gehalten. Umso mehr sind wir, ehemalige Häftlinge, Angehörige und Unterstützer aus x Nationen, schockiert und entsetzt über die Vorfälle, die sich bei der Führung einer AFD-Gruppe am 10. Juli in der Gedenkstätte Sachsenhausen zugetragen haben. Derartige Vorgänge sind völlig inakzeptabel und wir unterstützen voll und ganz die Haltung der Gedenkstätte, dass jeder Form von Revisionismus, Verharmlosung der NS-Verbrechen und Geschichtsfälschung konsequent entgegen getreten werden muss. Das sind wir den Opfern, aber auch uns selbst und künftigen Generationen schuldig.
Amsterdam, 1. September 2018
Dik de Boef General Sekretär (ISK)
APPELL VON MAILAND, 1. Juli 2018
Die Präsidenten, Vizepräsidenten und Generalsekretäre der Internationalen Komitees der Nazi Konzentrationslager haben sich - auf Initiative der
Associazione Nationale Ex Deportati Nei Campi nazisti (ANED) - am 1. Juli 2018 in der Casa della Memoria in Mailand getroffen. Angesichts der aktuellen
Bedrohungen gegen das Gedächtnis und gegen die Zukunft Europas und seiner MitbürgerInnen, veröffentlichen wir folgenden feierlichen Aufruf:
Wir sind die Träger des Gedächtnisses der Überlebenden der Naziverbrechen: dieses lebendige und schmerzvolles Gedenken macht aus uns die Sprecher für die
abertausenden Männer und Frauen, die die Lager überlebt haben. Wir sind entweder Angehörige oder Nachkommen der Überlebenden bzw. normale BürgerInnen, die
innerhalb ihrer verschiedenen Organisationen aktiv sind.
Es liegt uns am Herzen die früheren KZ-Lager, die heute Erinnerungsorte geworden sind, zu schützen und sie vor dem Vergessen, der Banalisierung sowie der
Zerstörung zu bewahren. Wir beziehen uns unter anderem auf den Entschluss des Europaparlaments vom 11. Februar 1993 betreffend den europäischen und
internationalen Schutz für historische Denkmäler der Orte der Nazi Konzentrationslager.
Die jüngsten Angriffe auf die historische Substanz in Mauthausen und Flossenbürg empören uns zutiefst. Wir sind empört dass eine von der UNO am 21. November 2014 präsentierte
Resolution "für den Kampf gegen eine Verherrlichung des Nazismus, des Neo-Nazismus und anderer Praktiken die die zeitgenössischen Formen des Rassismus,
der Rassendiskriminierung, des Fremdenhasses und der ihr zugehörigen Intoleranz befeuern" nicht angekommen wurde, wegen 3 Nein-Stimmen und 55 Enthaltungen
(unter ihnen die der europäischen Mitgliedsländern).
Gegenüber aller nationalistischen und populistischen Versuche diese Orte der Barbarei sowie die Kämpfe und die Solidarität aus dem europäischen Gedächtnis
verschwinden zu lassen, bleiben wir überaus wachsam.
Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 erinnert daran dass: „(...) die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei
geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen (...).“ Hunderttausende von Deportierten in die Nazilager sind die Opfer dieser Barbarei
geworden.
Seit über siebzig Jahren sind die Überlebenden und ihre Nachkommen den Versprechen bei der Befreiung ihrer Lager treu geblieben. Unermüdlich haben sie
sich für den Frieden und für die brüderliche Solidarität unter den Völkern eingesetzt. Durch ihr Zeugnis haben sie gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenhass
und die Thesen der Rechtsextremisten in Europa gekämpft.
Auf die Ankunft von Flüchtlingen, die von Krieg und Hunger getrieben sind, ist die Antwort von verschiedenen europäischen Staaten nicht eine humanitäre Aufnahme
sondern die Schließung ihrer Grenzen. Das Mittelmeer ist zu einem riesigen Friedhof geworden wo die Hoffnungen von Tausenden von Männern, Frauen und
Kindern ein Ende finden. Europa scheint sein Gedächtnis verloren zu haben: viele Europäer waren, vor und nach dem Krieg, selber Flüchtlinge. Sie haben manchmal
Solidarität erfahren aber auch Diskriminierung und Zurückweisung. Europa muss die schrecklichen Lektionen seiner jüngsten Geschichte lernen und nicht die Augen vor
seiner Verantwortung schließen:
Welche Werte wollen wir den jungen Generationen vermitteln? Egoismus und die Angst vor dem Anderen dürfen die Werte des Humanismus, die im Herzen unserer
gemeinsamen Geschichte und unserer Verpflichtungen stehen, nicht ersetzen.
Wir appellieren deshalb an die vom Volk gewählten Vertreter in den verschiedenen nationalen und europäischen Institutionen und bitten sie, sich bei der Suche nach
adäquaten Antworten in der Flüchtlingsfrage vor allem vom Respekt vor der Menschenwürde eines jeden leiten zu lassen.
Erste Unterschriften:
• Associazione Nazionale Ex Deportati Nei Campi nazisti (ANED):
Dario Venegoni, Präsident presidente@aned.it
Aldo Pavia: Vize-Präsident aldo.pavia@inwind.it
• Comité International de BUCHENWALD-DORA:
Dominique Durand, Präsident: cibd@buchenwald-dora.fr
• Comité International de DACHAU:
Jean-Michel Thomas, Präsident jm-thomas@wanadoo.fr
Preben Dietrichson, Administrator preben.d@online.no
• Association des déportés et familles des disparus du camp de concentration
de FLOSSENBÜRG et Kommandos:
Michel Clisson, Président cm.clisson@wanadoo.fr
• Comité International de MAUTHAUSEN http://www.cim-info.org/
o Guy Dockendorf, Präsident guy.dockendorf@culture.lu
o Floriana Maris, Vize-Präsidentin floriana@studiomaris.com;
o Jean-Louis Roussel, Vize-Präsident jeanlouis.roussel@univ-rouen.fr
• Comité International de NATZWEILER-STRUTHOF:
Jean-Marie Muller, Präsident, cin-natzweiler-struthof@laposte.net;
Claes Reksten, Generalsekretär
• Amicale Internationale de NEUENGAMME:
Jean-Michel Gaussot, Président jmichelgaussot@yahoo.fr
Christine Eckel, Secrétaire générale, christineeckel@gmx.de
• Comité International de RAVENSBRÜCK:
Ambra Laurenzi, Präsidentin: laurenzi.irk@gmail.com;
Jeanine Bochat, Vize-Präsidentin: jeanine@bochat.eu